Leute machen Kleider – ein Planspiel in zwei neunten Klassen Beitragsbild

„Ach nee, können wir nicht einfach sitzen bleiben?“ sagt der Gesichtsausdruck des Großteils der Klasse 9b als um 8.00 Uhr morgens Frau Traxel von der Agenda 21 und Frau Christel ankündigen, dass ein etwas anders gearteter Geographieunterricht folgen wird…

Keiner der Schüler ahnt, dass sie bereits eine halbe Stunde später mit vor Eifer roten Bäckchen und voller Ehrgeiz T-Shirts für den Weltmarkt produzieren werden.

Das Projekt heißt „Leute machen Kleider“ und behandelt das so schwer greifbare Thema „Macht und Globalisierung“.

Zunächst schätzen die Schüler ihr eigenes Verbraucherverhalten ein. Wie viele meiner Kleider im Kleiderschrank ziehe ich eigentlich an? Alle? Die Hälfte? Wie viel Wert lege ich auf Marken? Auf einer gedachten Geraden durch das Klassenzimmer positionieren sich die Schüler im Raum. Habe ich bisher darauf geachtet, wo meine Kleidung herkommt?

… Das soll sich ändern. Die Schüler untersuchen geschäftig ihre Kleidungsstücke auf Etiketten, die Aufschluss über ihre Herkunft geben und kleben Punkte auf eine Weltkarte. Bangladesch ist bald begraben unter Klebepunkten….

Eine Jeans reist 20.000 bis 50.000 km, bis sie zu uns kommt. Von Bangladesch hierher sind es aber „nur“ 7000 km?! Die Klasse erfährt viel Erstaunliches und Erschütterndes über die Produktion und die Wege unserer Kleidung.

Und nun wird selbst produziert: Aufgeteilt in Länder beginnt die Klasse emsig T-Shirts für den Weltmarkt zu produzieren. Nur, dass Bangladesch und China natürlich nicht dieselben Ausgangsbedingungen wie beispielsweise Italien haben… Ohne Schere erzielen sie auf dem Weltmarkt keine guten Preise! Bei einigen Näherinnen entsteht Frust. Es kommt zu Diebstählen, zwei Schüler möchten einen Asylantrag nach Italien stellen, Chinas Zentralpartei beschließt in mehr Maschinen zu investieren und treibt seine Näher zu schnellerer Produktion an. Italiens Arbeiter produzieren beste Ware und machen zwischendurch Siesta. In einer anderen Klasse werden sogar Mauern (aus Stühlen) zwischen den Ländern gebaut.

Das ganze Leben dieser Erde spielt sich plötzlich in unserem Klassenzimmer ab! Die Ereignisse entstehen von ganz allein. Eben ganz so wie auf unserer globalisierten Erde.

Am Ende staunen die Schüler über sich selbst und die Prozesse, die stattgefunden haben. Vielleicht wurde der ein oder andere auf Fair Trade Kleidung aufmerksam gemacht. Oder stellt sich vor dem Kauf die drei Fragen: 1. Brauche ich das? 2. Brauche ich das wirklich? 3. Wie lange brauche ich das?

Ein schönes Gefühl, wenn Schüler zu uns Unterrichtenden kommen und sich für die tollen Unterrichtsstunden bedanken.